Frage: "Was bedeutet die Corona-Krise für dich aus spiritueller Sicht?"

Ahlaad: "Krisen haben in der spirituellen Kultur und Literatur seit eh und je einen wichtigen Platz. Meistens beschreiben sie einen individuellen, persönlichen Durchbruch, eine Veränderung zu Neuem. Die spirituelle Krise zeichnet sich durch einen Zusammenbruch eines alten Weltbildes aus, einhergehend mit einer unangenehmen Phase der Unsicherheit oder Ohnmacht. Danach wächst ein neues Verständnis über die Zusammenhänge der wahrgenommenen Welt. Pflanzen, Tiere, Menschen und auch nicht lebende Dinge werden als nicht voneinander getrennt erfahren.



Dieses Entwicklungsthema erfahren wir gerade als Kollektiv. Die Menschheit ist wahrscheinlich das erste Mal global und gleichzeitig mit dem Zusammenbruch eines alten Weltbildes konfrontiert. In spiritueller Hinsicht haben wir jetzt die Chance als Menschheit zu reifen, wacher und verantwortungsvoller zu werden. Zurzeit können wir erfahren, dass unser individuelles Verhalten einen Unterschied macht. Wir erleben das gute Gefühl solidarisch zu sein, anderen zu helfen und Risikogruppen zu schützen.

Selbstnutzen und der auf Egoismus fussende Markt wurde uns lange als Heilmittel für alle sozialen und wirtschaftlichen Probleme schmackhaft gemacht. Wir erleben gerade, wie sich diese Vorstellung pulverisiert. Der Staat tritt in die Führungsposition und wir entwickeln zur Zeit ein neues Verhältnis zu ihm. Es liegt an uns, wie wir diesem heiligen und unbehaglichen Moment begegnen. Wir können diesen Bruch in der Normalität nutzen, um uns auf den Weg der Wiedervereinigung mit dem Lebensnetzes zu begeben.

Die vielen Menschen, die unter der jetzigen Situation leiden oder sogar sterben sollten wir als Anlass nehmen, nicht wieder möglichst rasch zu alten Gewohnheiten zurückzukehren. Wir sollten uns vorbereiten, in eine neue Welt aufzuwachen, die wir uns noch gar nicht vorstellen können."

Kommentare